23.08.2013 Omo Ranch – Folsom

Heute habe ich leichtsinnig die Liebe von Ariane aufs Spiel gesetzt… Mehr dazu aber später!

Wieder einmal stehen wir bei Dunkelheit auf, wir wollen nicht zu spät auf die Strasse. Es riecht bereits im Zelt ziemlich stark nach Rauch, aber sobald wir raus gehen, wird der Rauchgeschmack noch viel stärker. Richtige Rauchschwaden hängen in der Luft. Unglaublich, denn der Waldbrand im Yosemite (ja ich weiss, in einem früheren Bericht habe ich Josemite anstatt Yosemite geschrieben) ist ja weiss Gott ziemlich weit von uns entfernt, aber sogar hier haben wir dichten Rauch! Das muss ein grosses Feuer sein, aber ihr seid wohl alle besser informiert als wir. Eins wissen wir, die Leute hier sprechen fast nur vom Feuer…

Also, wir machen uns knapp nach 7.00 auf und geniessen den, trotz des Rauches, herrlich, ruhigen Morgen. Wir können mehr als 10 Kilometer runter fahren resp. runter rollen. Die Sonne scheint mit einem gedämpften Licht durch die Rauchschwaden, dieser Morgen erinnert uns zum ersten Mal an den Herbst. Das Licht, die Bäume und weiter unten auch die schon bald reifen Trauben an den vielen Rebstöcken. Wir fahren voll ins Weingebiet, nicht Napa Valley, nein, einfach in den Sierra Foothills. Ach, wie gerne würde ich hier in einer dieser zahlreichen, kleinen Weingütern anhalten und das allerorts angepriesene “Wine tasting” ausprobieren. Aber erstens sind wir mit den Kindern unterwegs und zweitens öffnen die erst um 11.00h. Also einfach weiter…

Im kleinen Kaff, oder eher bei der Kreuzung in Sumerset, setzen wir uns in ein gemütliches Cafe und geniessen frisches Blätterteig-Gebäck. Der Rauch ist auch hier ein Thema und wir werden gefragt, ob unsere Lungen nicht schon schmerzen. Als die Serviertochter die Lüftung einschaltet, kommt sofort ein ziemlich intensiver Rauchgeschmack rein. Nach 30 Sekunden wir die Lüftung jedenfalls wieder ausgeschaltet. Das Gebäck und der Kaffee sind herrlich, und so fahren wir frisch und gestärkt weiter. Bei der nächsten Kreuzung folgen wir meinen Anweisungen, rechts und nicht links, wie es eigentlich auf den Strassenschildern heisst. Aber wir fahren ja schliesslich nach der Karte, und das ist nicht immer der direkteste Weg. Also, nicht hinterfeagen und einfach weiter. Puh, es steigt und steigt. 7 – 8 % Steigung und das ununterbrochen während den nächsten 5 Kilometern. Es lässt ein bisschen nach, dann folgt aber gleich noch einmal eine solche Rampe. Wir schwitzen und tropfen, und neben dem anstrengenden Drücken und Reissen der Beine, müssen wir mit einer Hand ununterbrochen die unglaublich agressiven Fliegen und Mücken wegwedeln. Och ist das anstrengend! Nach ca. 1 1/2 Stunden sehen wir ein Ende und wir feiern unseren wirklich letzten so harten Aufstieg mit einer Flasche Poweraid! Tut das gut!

Wir schiessen ein paar Gipfelfotos und fahren weiter durch den schönen Eichenwald. Nach weiteren 2 Kilometern verzweigt sich die Strasse und wir versichern uns vorsichtshalber noch einmal auf unserer Karte. Aber he, diese Strassen sind ja gar nicht angegeben!?!? Was ist da bloss los? Mich schaudert es kalt den Rücken runter, räusper, räusper und mit leiser Stimme sage ich mal “ich glaub, die Karte stimmt nicht wirklich…”. Ein fragender Blick und wieder ich – “tja, ich glaub wir sind nich da wo wir genau sein sollten…”. Zusammen gepresste Lippen, ein Blick der sagen will: “…gäu das isch nid wahr?” Und ich den Kopf tief zwischen die Schultern gelegt: “i gloub mir si fausch!”. Uiuiui, das hätte ich lieber nicht gesagt, denn die Freude ist nicht wirklich gross. “Neeeeeeiiii!!!!” Ich lasse mir möglichst wenig anmerken, würde ja eh nichts nützen. “Jetzt haben wir aber eine tolle Abfahrt vor uns” sage ich aufmunternd. Diese Worte werden mit einem ziemlich deutlichen Blick, auch wenn dieser durch die gespiegelte Sonnenbrille kommt, erwiedert. “Hey, achtet euch nun – wenn wir in die andere Richtung fahren, dann sieht alles ganz anders aus als vorher!” versuche ich noch einmal aufzumuntern. Ein eher erfolgloser Versuch, der nun die Sonnenbrillengläser schon fast zum Sprengen bringt. Ich glaub, ich bin nun besser ruhig und fahre mal voran. Ok, ich habe einen Fehler gemacht – aber nach über 20’000 gemeinsamen Velo-Tourenkilometern ist das wohl der erste gröbere Schnitzer in meinen Kartenlesekünsten. Und wenn ein Fehler, dann bitte richtig – und ich stehe erst noch dazu!

Der Rückweg ist tatsächlich aus einer anderen Perspektive. Es wurde nicht nur die Himmelsrichtung um 180 Grad verändert, sondern auch noch die Vertikalen. Es geht so steil runter, dass uns die Finger vom Bremsen schmerzen. Nie, aber auch gar nie würde ich jemandem empfehlen hier hoch zu radeln. Ausser dass es schön ist, ist es praktisch nicht zum Fahren! Aber he, wir sind hier rauf gestrampelt – wwwooooooowwww! Nach genau 10 schnellen Kilometern sind wir an der verhängnisvollen Kreuzung und nehmen nun den richtigen Weg. 20 km und 2 1/2 Stunden Umweg – das wäre wahrscheinlich auf unserer Hochzeitsreise vor 12 Jahren nicht gut angekommen. Wer weiss, wenn das dazumal passiert wäre, dann wäre ich jetzt vielleicht mit ein paar Kumpels auf Mallorca und würde von einer Velotour mit einer Familie durch die USA träumen. Ganz sicher hätte unsere Ehe die Hochzeitsreise nicht überstanden… 🙂

Also, die Reise geht weiter in die richtige Richtung, über schöne, schmale Landstrassen ohne viel Verkehr. Es geht mal runter, mal wieder rauf, steil rauf. Aber das ist ok, wir hatten ja vorhin eine tolle aufwärmrunde (so, jetzt darf ich das nicht mehr erwähnen). Trotz allem ist es eine schöne Fahrt und wir geniessen es. Bald erreichen wir die etwas verkehrsüberschwemmte Stadt Placerville. Dort fahren wir durch und stoppen zum ersten Mal auf dieser Reise beim grossen, goldenen “M”. Die Kinder freuts, da hat es nämlich einen grossen Indoor-Spielplatz. Wir verdrücken ganze 5 Ham- oder Cheeseburger, zwei doppelte BLT’s (Bacon, Lettuce, Tomatoes – Schinken, Salat und Tomaten), zwei Portionen Frites, zwei grosse mexikanische Wraps und viel zum Trinken. Ok, es war i.O., aber eben der Frass welchen man dort erwarten kann.

Ausgangs Placerville treffen wir Dan. Ein Velofahrer, welcher wie über 20’000 andere in den beiden letzten Tagen, aufgrund des Newsletters unsere Website gefunden hat. Er hat uns geschrieben, wir sollen bei der Apotheke an dieser und jener Kreuzung anhalten und ihm hallo sagen. Wir treten in die Apotheke ein und die beiden Empfangsdamen tun so, als hätten sie uns schon lange erwartet. Das haben sie wahrscheinlich auch, denn Dan hat ihnen gesagt dass wir kommen werden. Er kommt nach ca. 3 Minuten angerauscht, es ist heute sein freier Tag, aber er wohnt in der Nähe. Kurze Begrüssung und Smalltalk und nun lädt er seine beiden Trikes aus dem Pick-up. Wow, er lässt uns alle und auch die Kids auf dem Parkplatz Probefahren. Coole Velos, aber ich bin mir nicht sicher, ob dies auf schweizer Strassen praktisch wäre. Breit und etwas schlecht sichtbar, da sehr tief.

Ich rufe noch unseren Kontaktleuten in Folsom an und sage lapidar – in 1 1/2 Stunden sind wir bei euch. Dan meint mit verzogener Mine, gut zwei wenn nicht zweieinhalb Stunden. Also, nichts wie los… Schon bald habe ich ein Problem mit der Kette. Ein Kettenglied hat es etwas auseinander gesprengt – ich biege es zurecht aber es ist immer noch nicht i.O. Aber dennoch treten wir einen ca. 9 % Anstieg rauf – und es hält. Immer mehr Verkehr teilt mit uns die Strasse bis wir um halb sechs, nach einmal mehr 100 km das Ziel erreichen. Peggy und Jerry, unsere Hosts für diese Nacht, sind mit Freunden verabredet. Diese stehen schon vor der Türe als wir ankommen. Also wird uns im Schnellzugstempo das Haus gezeigt, der Kühlschrank hat Sodas und Bier (!!!), hier sind eure Zimmer, Waschmaschine und Trockner sind da und sowieso, bedient euch! Sie sagen tschüss und sind weg. Unglaublich, die kennen uns nicht, haben uns keine 5 Minuten gesehen und überlassen uns ihr nagelneues Haus! Super! Wir machen eine Wäsche und dann geht es zu Fuss ins nahe gelegene Einkaufszentrum. Heute gibt es einen frischen Sommersalat mit Beeren, Tomaten und Gurken…

Zu Hause ist schon etwas spät, halb acht vorbei, und wir machen im Schnellzugstempo diesen herrlichen Salat. Während dem spielen die Kinder mit vielen Spielsachen der Enkelkinder von Peggy and Jerry. Der Salat ist wunderbar, wir leeren noch eine feine Flasche Weisswein. Bald schon die Kinder ins Bett und wir auch…

Es geht uns einfach immer noch prächtig!

(Bilder von gestern sind auch online)