Archiv für den Monat: Juli 2013

30.07.2013 …und nun der richtige Tagesbericht

So, ich liege neben meinen schlafenden und schwitzenden Lieben im Zelt und mache meine Tagesaufgabe 🙂 Hmm, und wie das hier so schön riecht – es gibt Schöneres, aber das gehört nun mal dazu, in einer heissen Sommernacht… und schliesslich sind wir hier nur auf ca. 1’300 m.ü.M., so tief unten waren wir ausser gestern Nacht schon seit 3 Wochen nicht mehr!

Alles der Reihe nach… Wir beginnen den Tag um 4.30h, alles liegt noch in der Dunkelheit, die Nachtaktiven Ungezifer sind noch immer in ihrem Ausgang und wir packen unsere Sachen neben den schlafenden Kindern zusammen. Die Umgebung erwacht auch langsam, hier gibt es keine Dämmerung und beim Haferbrei wird es Morgen. Wir können es einfach nicht fassen, welch eine Aussicht, welch ein Glück das wir haben hier sein zu dürfen. Auch wenn uns ein anstrengender Tag bevor steht, wir sind sehr glücklich!

Unsere Morgentätigkeiten sind nun schon ganz schön gut eingespielt und bereits nach 2 Stunden, inkl. gemütlichem Frühstück, sitzen wir auf den Velos. Und schon geht es wieder bergauf. Aber diesmal mit dem schönsten Sonnenaufgang vor uns! Wow, im Monument Valley stehen sich die Touristen jetzt auf die Füsse um das schönste Bild zu ergattern, wir geniessen unsere ganz persönlichen Monuments und das erst noch ganz alleine. Wir hören Kojoten heulen und Vögel zwitschern, der Tag beginnt auch für sie. Nach einer Meile erreichen wir den Highway, dort geht es erst einmal mit viel Schuss abwärts, gegen die Brücke über den Colorado River. Leider dauern die Schussfahrten immer nur ganz kurz, die Anstiege kommen sogleich wieder. Wie müssen einen ziemlichen Umweg um den nicht mehr existierenden Lake Powell fahren. Der See ist so stark zurück gegangen in den letzten Jahren, dass nun die Strandplätze des Campingplatzes hier am Dirty Devils Canyon (dreckigen Teufels Canyon) ca. 20 Meter über dem ausgetrockneten Talboden liegen. Unglaublich wie viel Wasser hier fehlt…

Nach genau einer Stunde Fahrt schauen wir zu unserem Schlafplatz rüber, er ist kaum 1 km Luftlinie entfernt. Und nun die Killersteigung. Wow, alle, welche schon mal den Dietisberg- oder den Gaselstutz rauf gefahren sind, 1 1/2 Kilometer in dieser Steigung und schon seid ihhr ca. 200 Meter über dem Einstiegspunkt. Wie haben es im ersten Durchgang geschafft, ohne zu stossen (hätte auch nicht geklappt, schon mal 120 Kilos eine 12 % Steigung rauf gestossen?). Heute haben wir noch etwas mehr Zusatzgewicht, denn auf den nächsten 85 km gibt es keine Möglichkeit Wasser nachzufüllen. Also ca. 15 Liter Wasser mit dabei – leider nicht in einer leichten pulverform 🙂

Nach diesem Mordsanstieg machen wir vor Freude einen zusätzlichen Aufstieg, kurz noch ein paar hundert Meter weiter steil rauf um einen Aussichtspunkt zu erreichen. Es lohnt sich, denn der Blick runter ins Tal ist gewaltig. Wir stehen hier eigentlich am Anfang des Grand Canyons, einfach noch nicht so tief, aber genau so prächtig! Und wieder gaaanz alleine! Wir haben übrigens heute Autos gezählt, die ersten 1 3/4 Stunden steht der Zähler auf 0! Die Rast auf diesem Aussichtspunkt ist knapp eine Stunde, des Fotoshootings wegen. Das gab Bilder…

Nn zurück auf den Highway und es geht nun in einem Seitenarm des Canyons schön sachte rauf. Links und rechts senkrecht aufragende rote Felsen, wir kommen aus dem Staunen nicht heraus! Bei einem Pick-Nick Platz, wunderschön und menschenleer, gibt es was für den Magen und weiter geht es stetig bergauf. Gesteinsschicht um Gesteinsschicht arbeiten wir uns in die Höhe. Der Fels geht von dunkelrot ins hellrot, ins grau und dann langsam ins hellbraun wenn nicht sogar ins weiss. Wir kommen langsam aus dem Canyon und vor uns liegen richtig graue mit Bäumen bewachsene Felsberge. Wir aber fahren in ausgewaschenem Slick Rock, genau wie rund um Moab, dort wo ich mal eine Woche mit dem Mountain Bike genau auf solchen Sandsteinfelsen rumgekurvt bin.

Die Hitze nimmt zu und es geht immer noch aufwärts. In den bisherigen 3,5 Fahrstunden haben uns 12 Autos und ein paar Töffs überholt. Einfach himmlisch. Doch dann kommen wir zur Kreuzung, wo eine Strasse ein bisschen weiter runter an den noch existierenden Lake Powell führt. Ab jetzt nimmt der Verkehr zu. Hier kommen uns Autos mit zweimal so grossen Motorbooten auf dem Anhänger entgegen oder überholen uns. Wahnsinn, wenn die einen See in ihrer unmittelbaren Umgebung haben, also sagen wir mal bis 350 km von zu Hause entfernt, dann gehört ein mind. 8 Meter Boot auf den Anhänger. Und der Mehrverkehr bringt auch noch was anderes mit sich. Lorin (und wir natürlich auch) staunt nicht schlecht, wie viel Müll da neben der Strasse liegt. Es ist schwierig nachzuvollziehen, was die sich dabei denken. Gehen raus in die schönste Natur um sich zu erholen, schmeissen aber jede Dose, Flasche etc. einfach aus dem Fenster. Wie können wir das den Kindern erklären, die haben ihre 6 Liter x-PS Motoren und riesigen Trucks und schmeissen einfach alles weg und wir schleppen jeden noch so kleinen Papierschnitzel die Berge hoch bis zum nächsten Abfalleimer – eine Schande!

Wir kämpfen uns hoch und hoch, ded Schweiss läuft und läuft. Wir glauben oben zu sein, aber nach der nächsten Kurve geht es weiter hoch. Jetzt schon fast seit 50 Kilometer… Es ist eine Erlösung, als es doch mal runter geht, jetzt noch 30 km runter zischen und dann ein kühles Getränk und einen Hamburger, das haben wir den Kindern versprochen. Aber eben, es kommt doch anders als man denkt. Immer wieder kommt ein Aufstieg und erst nach langen ca. 1 1/2 erreichen wir die Town. Bei der ersten Tankstelle gibt es auch gleich eine Burger Bude, also stoppen wir sofort.

In der runter gekühlten Bude müssen wir lange anstehen, es scheint fein zu sein hier. Und das ist es auch! Riesige Ham- und Doppelcheeseburger werden uns geliefert – und soooooo fein. Ich glaube fast, dass ich all die mühsam abgeradelten Kalorien in einer Viertelstunde wieder zu mir genommen habe. Die Zwiebelringe und Pommes sind nämlich auch saugut und da kommt noch fasr 2 Liter Süssgetränk. Was solls, morgen wird ja auch wieder gestrampelt – und wieder aufwärts.

Wir quatschen noch mit zwei deutschen Harley-Fahrer, sie können es kaum glauben, dass wir so schnell waren. Sie haben uns oben irgendwo in der Stein- und Sandwüste überholt und nie gedacht, uns hier wieder zu sehen. Tja, so langsam sind wir dann doch nicht, wir Schweizer 🙂 War nett mit euch zu plaudern, wir werden dann in ca. 4 Tagen dort sein wo ihr heute Abend seid…

Wir finden schnell unseren Campingplatz, mausalleine sind wir auf dem grossen Areal. Schön, da können wir wenigstens dem Schatten nach. Wir relaxen und waschen die Kleider und nehmen natürlich die längst überfällige Dusche. Welch eine Wohltat! Dann wird eingekauft, morgen werden wir wieder keine Möglichkeit dazu haben, und by the way auch kein Internetzugang, also kein Bericht morgen… Wir fahren zum Zelt als 3 Tourenradler aus Boston zu uns rollen. “Aha, treffen wir die crazy Familie doch noch – ihr seid eine Legende auf dieser Route, alle sprechen nur von euch. Mit Kindern hat diese Strecke wohl noch niemand mit dem Fahrrad abgefahren. Ihr seid eine “Crazy-Legende”! Die drei sind die gleiche Strecke heute gefahren, welche wir in den drei, ja DREI, letzten Tagen gefahren sind. Sie fahren ca. 100 Meilen, also 160 km am Tag und wollen in 10 Tagen in San Francisco sein – oje, ohne uns… Sie fahren weiter, der Campingplatz ist ihnen zu teuer, sie werden irgendwo neben der Strasse ihre Zelte aufstellen. Einer sagt noch, 2 Dollar ist schon zu viel, wir haben ein knappes Budget. Ich glaube die drei haben es gut und machen so einen längeren Schulferientrip – das gesparte Geld brauchen sie dann für die Rückreise, sicher nicht für einen Campingplatz! Good luck ihr drei…

Wir belasten gerade extra unser Budget und essen im Restaurant nebenan 🙂

Ihr seht, wir schwitzen, aber geniessen es und es geht uns bestens! Heute wieder eine kurze Nacht, 5.30h ist Aufstehen geplant. Fotos zu heute gibt es später, sorry, muss doch noch einmal schlafen…

PS: ah ja, die Utah-ler sind schon etwas crazy, dieser Mormonenstaat ist gewöhnungsbedürftig. Lorin wollte nach unserer Ankunft ins kühle Restaurant, er hat gesehen, dass ein Cowboyfilm im TV läuft. Ich hab mich zur Begleitung zur Verfügung gestellt, kann ich doch sogar noch ein Bierchen trinken 🙂 Doch oje, sie darf mir leider kein Bier servieren, wenn ich nichts zum essen bestelle. Hey, ich komme gerade von einem Doublecheeseburger mit Onionrings und French Fries, ich will einfach ein kühles Bierchen und nichts mehr essen! Tut mir Leid, geht nicht, wir sind hier in Utah! Also lasse ich mir in der nächsten halben Stunde 3 Kaffees einschenken…