21.07.2013 Montrose – oberhalb Ridgeway

Was für ein Tag, wir können gar nicht verstehen, was für ein Glück wir haben…

Judy hat uns heute Morgen ihr Auto anerboten, sie und Rod waren mit Kirchendienst belegt, heute ist ja schon wieder Sonntag… Wow, die geben uns ihren Hausschlüssel, ihren Autoschlüssel und sagen, dass sie am Mittag auch mit dem Fahrrad verreisen und falls wir uns nicht mehr sehen sollten, dann sollen wir einfach abschliessen. Was sagen wir dazu?

Mit dem Auto fahren wir rauf in den für uns bisher unbekannten Black Canyon Nationalpark. Der Black Canyon wurde erst im 1999 in die Guilde der Nationalparks aufgenommen – wieso erst so spät? Der kann es locker mit dem Grand Canyon aufnehmen. Vielleicht nicht in seiner Grösse und Ausdehnung, aber sicher mit seiner Schönheit. Ich kann es nicht beschreiben, die Bilder können es nicht wiedergeben, es ist einfach ein gewaltig schöner Canyon – mehr ist da nicht zu sagen. Ausser, dass er eben noch nicht so touristisch erschlossen ist, und das ist gut so, das macht ihn so richtig unberührt herrlich.

Trotz der Schönheit sind die Kinder bald schon gelangweilt. Warum immer nur kurz fahren und dann schon wieder in die Hitze aussteigen? Sie sind zwar auch begeistert vom Canyon, aber sie finden es schöner auf dem Velo, da sieht man viel mehr ohne aussteigen zu müssen, von der klimatisierten Karrosse raus in die Hitze und wieder rein in den überhitzten Wagen. Wir sind halt nicht so wie ein paar andere Amis, wir lassen den Motor nicht laufen bis wir zurück sind damit wir in einen gekühlten Raum einsteigen können…

Zurück in Montrose setzen wir uns, wie viele ander auch, in den Subway, einer Sandwichkette, welche es in der Schweiz ja auch schon gibt. Die Sandwiches schmecken uns recht gut und danach fahren wir wieder zurück zu Judy und Rod. Sie sind beide noch zu Hause, so können wir uns noch einmal bedanken und uns richtig von ihnen verabschieden. Mit eigener Kraft geht es wieder weiter in Richtung Ridgeway. Puuh, um 14.00h abfahren, das ist keine so gute Idee bei 35 Grad im Schatten, und wir haben keinen Schatten… Wir tun es trotzdem und machen uns auf die nächsten 35 km – dort wollen wir auf den Campground.

Eine endlos scheinende Fahrt wartet auf uns. Schnurgerade Strassen, z.T. 4 spurig und kurz darauf wieder 2 spurig und ohne irgendwelchen Seitenstreifen. Seitenwind so heiss wie in einem Heissluftgebläse und keine sehenswerte Umgebung. Zum Glück könne wir nach ca. 22 Kilometer eine kalte Cola und Limonade kaufen – und weiter geht es, nur noch ca. 10 Kilometer. Plötzlich fährt ein grosser Pickup ganz langsam neben uns her und ein hübsches Girl ruft aus dem Fenster “hopp Swiss”. By the way, heute hupen uns viele Autos zu und heben den Daumen hoch, mehr als auf den ganzen bisherigen 700 km (was schon so weit sind wir geradelt???). Also, das “hopp Swiss” Auto hält vor uns an und es steigt ein Päärchen aus. Stephan und Sarah (war es Sarah oder Sandy? sorry for that if you read it). Anyway, Stephan lebte bis vor 10 Jahren in Neyruz bei Fribourg. Er lebt nun hier in Montrose und arbeitet als Rettungshelikopterpilot – wow, was für ein Ding. Wir schwatzen ein bisschen zusammen und wir kriegen noch vier eisgekühlte Dosen mit Wasser – das wollen wir bis zum Campground aufsparen, so weit ist es ja nicht mehr und es wird sicher nicht so warm wie der mittlerweile schon fast heisse Eistee welchen wir auch noch mit uns haben. Doch zum Öffnen dieser Dosen kommt es heute nicht mehr, sorry Stephan und Sarah, ich erzähle gerade noch wieso…

Wir fahren also weiter, die Kinder ganz motiviert die Dosen bald schon öffnen zu können und erreichen schon bald den Campingplatz. Wir wollen uns gerade beim Eingang anmelden als ein Lieferwagen neben uns hält und es aus dem geöffneten Fenster tönt: “Daniel?” Hmmm, es gibt doch bekanntere Leute hier als wir es sind, wieso kennt der meinen Namen? Es ist Felix Marti, ein Mann bei welchem wir uns gestern per Email und heute per Telefon angemeldet haben. Die Adresse haben wir von Beat, er ist vor gut einem Jahr hier durch geradelt und hat Felix getroffen. Danke Beat, du hast uns da aber ein ganz besonderes Erlebnis beschert, im positiven Sinne.

Ich habe Felix heute Mittag telefonisch nicht erreich (habe nur auf den Beantworter gesprochen) und darum habe ich auch nicht mehr mit ihm gerechnet. Er hat die Campingplätze abgeklappert und nach uns gefragt. Das wär ja noch ok, wenn er gerade nebenan wohnen würde. Aber als er uns deutet wo er wohnt, da sind mir, nur von den Gedanken dorthin zu radeln, noch mehr Schweissperlen auf die Stirn geschossen. Er zeigte mit seinemZeigefinger weit rauf in die Berge. Na Felix, wir bleiben doch lieber auf dem Campground. Ach was, die Bikes haben im Lieferwagen Platz und drei Personen können hinten bei den Bikes einsteigen. Super, das nehmen wir gerne an!

Wir fahren also rauf in die Berge, die Aussicht wird immer gewaltiger und wir können unser Glück kaum fassen. Felix’ Vater ist vor über 80 Jahren von Winterthur in die USA ausgewandert. Felix wird just am 1. August 71 jährig und ist sehr interessiert was in drüben alles so läuft. Wir landen schliesslich in einem wunderschönen Wald auf einem Hochplateau, weit weg von jeglicher Zivilisation. Holly, Felix’ Frau empfängt uns herzlich und wir werden mit super feinen “Kravättli”-Teigwaren, selber gemachter Pestosauce, Gruyère Käse, grillierten Würsten, Gemüse, Bier in einem Gurten-Bier-Glas, feinem Rotwein, Espresso aus einer Jura Maschine und einem “alten Kriesi Schnaps”, welcher Felix’ Vater von seiner letzten Reise in die Schweiz vor ca. 30 Jahren zurück gebracht hat, verwöhnt. Auf der Terrasse, in einer unglaublich schönen Umgebung, vor uns läuft ein Reh durch, wir hören nichts anderes als der Wind in den Baumwipfeln und all das wird gekrönt mit einer herrlichen Abendbeleuchtung und schliesslich mit dem aufgehenden Vollmond! So eine Stille und so eine ruhige Athmosphäre haben wir wahrscheinlich noch selten erlebt!

Felix will uns morgen mit dem Lieferwagen auf einen wunderschönen Pass fahren und uns irgendwo ausladen. Das wird wohl wieder ein Erlebnis für sich und wir sind gespannt, was wir alles sehen und erleben werden.

Es ist einmalig und wunderschön hier. Lorin gefällt es besonders, weil man direkt neben dem Haus in den Wlad pinkeln kann, die Spülung braucht zu viel Wasser, welches hier oben Mangelware ist. Darum gehen die Männer vor die Haustüre. Beim rein kommen bitte immer die Türe abschliessen, es hat Bären und wir wollen kein Bär neben unserem Bett stehen sehen. Darum kontrolliert Lorin vor dem Schlafen gehen mehrmals die Türen.

Es könnte uns in diesem Moment nicht besser gehen!