10.07.2013 – 2. Etappe: Estes Park – Grand Lake

Der heutige Tag war voller Emotionen…

Wunderschöne Landschaft, ein paar Wildtiere und die psychischen Emotionen – ein harter Tag! Wir stehen um 5.00h auf und packen schnell, oder so schnell wie möglich, unsere Sachen. Ein “Oatmeal” (bei uns besser bekannt als Porridge oder Haferbrei) wird gekocht und um 6.50h fahren wir los. Zuerst geht’s entlang dem Stausee und schon bald kommt die erste Steigung. Noch wissen wir nicht was uns heute erwartet, ausser, dass wir bis auf über 3’700 Meter über Meer fahren. Zum Vergleich, das Jungfraujoch liegt auf 3’454 müM. Estes Park liegt auf knapp 2’300 müM und somit haben wir fast 1’500 Höhenmeter zu überwinden. Sollte gehen, denke ich mir, aber dennoch habe ich weiche Knie. Bereits beim ersten Aufstieg bin ich mir nicht mehr so sicher, Ariane spricht mir Mut zu…

Wir fahren bald schon in den Rocky Mountain Nationalpark rein und sehen weit, weit oben die Strasse,  welche wir zu erklimmen haben. Wow, nichts für schwache Nerven… Lorin entdeckt ca. 10 Meter neben uns einen riesigen Hirsch, er lässt sich auch von unseren Kameras nicht aus der Ruhe bringen. Der Morgen ist ruhig und frisch, so wie man es sich wünscht – auch das Wetter lässt keine Wünsche übrig.

Wir klettern langsam aber stetig den Berg rauf, und klettern und klettern… Die Kinder helfen toll mit und beklagen sich kein einziges Mal. Alani singt laut in den Morgrn hinein, die Bären kommen so sicher nicht zum Vorschein. Irgendwann, wir würden schon fast glauben, dass wir oben sind, wenn wir die Strasse hoch über uns nicht sehen würden, geht es richtig schnell runter. Zu blöd, all das muss auch wieder erklommen werden. Also nichts von 1’500 Höhenmeter, da kommen noch ein paar hinzu.

Nach ca. 3 Stunden bin ich wirklich langsam am Anschlag und hier kommen die ersten Emotionen hoch. Nicht etwa in Form von wüsten Wörtern, nein, eher in Form von ein paar Tränen hinter den dunklen Sonnengläsern. Ariane und Lorin sind immer weit vor mir, Ray geduldig hinter mir. Alani ist guten Mutes und ich habe Selbstmitleid? No way… Also, die Tränchen sind schnell verdrückt und es geht doch stetig vorwärts.

Nach ca. 5 Stunden Aufstieg fahren wir an einem Schild vorbei auf welchem steht: Warnung vor schnellen Wetterumstürzen. Und keine 2 Minuten später prasseln kleine Hagelkörner auf uns herab. Wow, gerade eben war noch blauer Himmel… In diesem Moment fährt Mary hinter uns her und die Kinder hüpfen ins Auto. Ariane und ich fahren in unseren Regenkleidern zum ca. 500 Meter entfernten Aussichtspunkt. Dort stürmt es heftig und es ist saukalt. Wir kleiden die Kinder und uns ein und verpflegen uns. Wir wollen bald weiter fahren, doch Alani macht die Höhe, mittlerweile über 3’200 m zu schaffen. Sie muss erbrechen und so können wir nicht weiter fahren. Zum Glück ist Mary da, sie nimmt Alani mit über den Pass und ein bisschen hinten runter in den Visitorcenter.

Lorin will nun mit mir fahren, Ariane fährt mit einem leeren Sitz vorne weiter. Wir denken, dass wir schon bald oben sind (falsch gedacht). Zum Glück regnet es nicht mehr, aber der Wind bläst mit voller Wucht über die Krete wo wir gerade durch fahren. Wir lassen die Waldgrenze hinter uns und sehen weit oben einen Übergang. Ray lächelt verschmitzt, als wir ihn fragen ob es wohl der höchste Punkt sei. Tja, dieses Lächeln ist ja sympathisch, aber nicht in diesem Moment. So geht es noch ein paar Mal… Plötzlich sehen wir eine steile Abfahrt vor uns – jaaaa, wir habens geschafft. Wieder das feine Lächeln von Ray und wir wissen, es wird wohl noch einmal rauf gehen. Hier verlieren wir viele mit Schweiss gewonnene Höhenmeter – diese müssen wir noch einmal rauf…

Ariane fährt wieder wie ein junges Reh, Lorin hilft mir tüchtig die folgende Rampe zu kriegen – und schon wieder Tränen (ok, die letzten sind vor ca. 3 Stunden verdrückt worden). Diesmal kommen mir aber Tränen vor Stolz – wie bin ich stolz auf meine Familie! Zu den nächsten Tränen ist es diesmal nicht mehr weit, sie fliessen aber nun so richtig über beide Backen. Ariane wartet am Strassenrand und streckt beide Arme in die Luft – wir haben es nach knapp 7 Stunden hartem Aufstieg geschaff. Wir umarmen uns,  auch Ray kommt nicht um die richtig feste Umarmung rum. Lorin wird auch fast verdrückt und er strahlt über alle Backen.

Nach einer kurzen Abfahrt treffen wir Mary und Alani, ihr geht es wieder besser. Wir beladen unsere Bikes und sagen Mary und Bailey dem Hund auf Wiedersehen. Es war eine tolle Zeit mit den beiden. Die Kinder vermissen Bailey schon jetzt – und wohl auch umgekehrt. Die folgende Abfahrt ist der Hammer. Wir blicken über verschiedene Täler mit dichtem Wald hinweg. Bald schon fahren wir in den Wald hinein und der Duft dieses Pinienwaldes ist einfach himmlisch. Bei einem Lookout stoppen wir und werden belagert von einigen Leuten und zwei Rangers. Die wissen bereits, dass wir auf dem Weg nach San Francisco sind. Wow, sind die aus dem Häuschen, es bleibt kaum Zeit für uns, ein paar Fotos zu machen. Die Rangers wollen, dass wir uns beim Parkausgang melden und ein Foto für die Zeitung schiessen lassen. Machen wir natürlich später.

Vorher aber noch eine ganz tolle Geschichte. Vor ca. 4 Wochen haben wir uns bei Lorins Götti und seiner Familie bei einem Grillplausch verabschiedet. Es waren auch unsere gemeinsamen Kollegen, die Familie Meyer, da. Die wollten sich auch verabschieden, sie fahren für 4 Wochen in die USA in die Ferien. Wie könnte es anders sein, als wir unsere warmen Sachen ausziehen hält ein Ungetüm eines Campers neben uns und wer steigt da aus? Die Familie Meyer… Wow, welcher Zufall. Wie schwatzen un. Lachen und erhalten ein Süssgetränk und die Kinder eine Glace. Vielen Dank, es war toll euch anzutreffen!

Es wird heute ziemlich spät, wir erreichen nach 11 Stunden (ca. 9 Std. Fahrzeit) den Campingplatz. Kurz einchecken und sofort in die Bar unten an der Strasse und einen Hamburger bestellen. Eine richtige, amerikanische Bar mit super Burgern. Anschliessend das Zelt stellen und duschen. Um 21.00h gehen die Kinder ins Bett, ein paar Minuten später Ariane und ich bin jetzt um halb elf noch am schreiben – müde aber überglücklich!

Es geht uns gut!