Gestern Abend wurde es noch spät. Ariane hat sich um ca. 20.30h von mir verabschiedet und verkroch sich im Zelt. Ich habe an der Bar noch am Tagesbericht geschrieben und wie bereits gestern erwähnt, ist ein richtiges Original mit seiner Gitarre aufgetaucht. Und wie ich vermutet habe wurde es dann so richtig gemütlich. Ich bestellte mir noch ein Bier und der Bartender hat sich mit der Ansage so richtig ins Zeug gelegt.
“Ladies and gentlemen (ich war übrigens zu dieser Zeit der einzige Gast in der Bar), listen to our wonderful, great and unbelievable Bobby the boooooogieman Smith“. Bobby zupfte die Saiten seiner Gitarre und gab einfach sein Bestes. Seine Stimme, einfach grandios! Er sang ein Song nach dem anderen. Ich will gerade gehen als der Bartender mir sagt: “Du kannst jetzt nicht gehen, nun gibt es ein Duett” und holte seine Gitarre, welche an der Wand aufgehängt ist. Nun gibt es eher Countrysongs, Bobby hat bis jetzt Bob Dylan, John Lennon etc. gesungen. Plötzlich schaut einer aus dem Fenster und fragt: “Who’s that gal?” (Gal ist eine Kurzform von Girl). Und Ariane kommt etwas verschlafen zur Tür rein und fragt ganz verdutzt: “…was machsch de du no?”. Die beiden sagen sie solle sich setzen und nun geht es umso besser weiter. Der Bartender serviert Ariane ein “Sex on the beach” (Kokoslikör, Orangensaft und Grenadine-Sirup). Und das Konzert geht weiter. Um Mitternacht sind dann auch wir im Schlafsack…
Heute stehen wir wieder um 5.15h auf, denn es wurde uns gestern, während dem die beiden zwischendurch auch noch genüsslich an einer Marihuana-Pfeiffe gesogen haben, gesagt, dass es heute um 6.00h Frühstück gibt. Wir stehen um 6.00h vor der Bar, alles schon gepackt, aber die Türe ist verschlossen. Hmmm, das Kraut hat ihm wohl eine Stunde geraubt… Ein neues Dorf-Original (von nur noch 16), welches wir gestern noch nicht zu Gesicht bekommen haben, kommt um die Ecke. Er schliesst auf, wir dürfen rein. Aber er verjagt die Kinder sofort von den Barhockern, auf denen sie gestern den Hamburger verdrückt haben, es sei Kindern nicht erlaubt an der Bar zu sitzen. Sie sollen an einen Tisch. Wow, da haben wir, und erst recht die Kinder, aber grosse Augen gemacht. Wir machen was er uns befiehlt. Aber die Frühstückskarte bringt er uns erst punkt 7.00h und bis er dann den Ofen aufgeheizt hat, vergehen auch noch einige, viele Minuten. Wir schlagen so richtig rein, ich bestelle mir ein frittiertes Hühnerschnitzel mit 3 Spiegeleiern, Biscuits und Gravy (Brötchen mit so etwas wie eine Rahmsauce drüber). Die Kinder teilen sich Rösti mit einem Schinkensteak und Rührei mit Toast, und Ariane geniesst zwei richtig grosse Pancakes. Wir hungern heute jedenfalls nicht. Aber wir leiden auf den ersten 20 km, es ist uns gar nicht wohl…
Bei unserer Abfahrt ist die Nadel des Thermometers schon beachtlich hoch, wir wollten eigentlich der Hitze ausweichen mit einem frühen Start. Nach den ersten flachen und windstillen Kilometern geht es über den ersten Summit, nach weiteren flachen und mit etwas Gegenwind durchzogenen Kilometern geht es über den zweiten. Und nun folgen laaaaange Geraden, links und rechts nur noch Sand und kein Grün mehr und wir haben Durst in dieser Hitze! Wir nehmen die Richtung Nord ein und denken, “nun aber Rückenwind”, denn er hat jetzt immer von Süden geblasen. Ja woher, heute bläst es natürlich genau von Norden her. Zum Glück nicht so stark wie vor zwei Tagen, aber abgebremst werden wir dennoch beachtlich.
Heute fahren wir an der Airbase von “Top Gun” vorbei. Top Gun, welch tolle Teenager-Erinnerungen werden da wach! Dieser phänomenale Flieger-Film mit dem absoluten Mädchenherzen-Brecher Tom Cruise, der coolen Kelly Mc Gillis und der süssen Meg Ryan. An alle der jüngeren Generation, dieser Film war dazumal einfach der Hammer. Action und sogar die erste Prise Erotik 🙂 Ach wie hat uns Jungs das Herz geschlagen wenn wir Tom Cruise mit dem Kawasaki über die Piste rasen sahen, neben ihm eine startende F-14! Und dann während der, für diese Zeit (hey, es sind schon 27 Jahre vergangen) unheimlich prickelnden Liebesszene, da schoss uns die Schamesröte ins Gesicht und wahrscheinlich auch anderswo hin 🙂 Heute sind mir viele Szenen dieses Films wieder in den Sinn gekommen! Eigentlich schon gestern in Middlegate auf der Toilette. Dort ist ein Teamfoto von Top Gun (den echten) aufgehängt, und sie bedanken sich bei den Inhabern für die tolle Weihnachtsfeier. Ich kann mir vorstellen wie das so zu und her geht bei diesen Pilotenfeiern. Der Inhaber hat mir jedenfalls erzählt, dass sie jeweils mit ihren Helikoptern vor der Bar landen und essen oder feiern kommen… Und übrigens, er hat mir auch verraten, dass gerade heute eine Sequenz für Top Gun 2 vor der Bar gedreht werden sollte. Na gut, diese Aussage war nach dem Marihuana…
Also, ich bin abgeschweift. Zu heute: wir machen eine kurze Pause bei einem Rastplatz und schauen uns noch einige Steinkritzeleien von Indianern – bis zu mehreren tausend Jahre alt – an. Nach weiteren 10 Kilometern simd wir froh, wieder einmal in eine grössere Zivilisation mit einem anständigen Laden zu kommen. Wir füllen uns die Bäuche mit frischen Früchten und vor allem Süssgetränk. Wie der Körper in den letzten Tagen nach Zucker geschrien hat, das hab ich noch nie erlebt!
In Fallon fahren wir zuerst zum öffentlichen Bad und planschen im kühlen und erfrischenden Wasser rum. Bald haben wir aber Hunger und wir schauen uns den vorgeschlagenen Ort zum campieren an. Der ist nicht wirklich einladend und kurzerhand entschliessen wir uns für eine Nacht im Motel. Duschen und danach Einkaufen und anschliessend in den City Park, wo es heute ein Konzert für die Leute in der Stadt gibt. Eine bluesige Steel-Guitar-Band und eine Gospel-Country-Sängerin geben ihr Bestes während wir uns feine Sandwiches zubereiten. Die Musik ist gut, überzeugt uns aber nicht restlos. Und die Müdigkeit der Kinder hält auch Einzug. Somit verlassen wir den Ort des Geschehens frühzeitig und gehen zurück ins Motel.
Wir sind wieder in der Zivilisation, das tut nach den vergangenen 7 Tagen und 768km fast ohne Services sehr gut. Der Verkehr nimmt jedoch leider auch wieder schlagartig zu. Aber in den nächsten Tagen gibt es wenigstens wieder fleissiger was zum Einkaufen. Morgen nehmen wir es gemütlich und fahren nicht sehr weit.
Es geht uns sehr gut und wir geniessen unser Abenteuer immer noch sehr!
PS: Bilder der letzten Tage sind aufgeschaltet…
