01.08.2013 Fruita – Torrey

Wir nehmen es heute gemütlich. Vor uns liegt ein ganz kurzes Teilstück, wir sind ziemlich müde und meine Beine sind bleischwer. Also ausschlafen… Um 9.00h, alle anderen Camper sind bereits am packen oder schon gegangen, erwachen wir “dank” der heissen Sonne. Gemütlich frühstücken wir, das richtige Holzofenbrot von gestern kommt heute auf den Tisch. Mmmmh, dieses einmalige dunkle und richtig fein schmeckende Brot ist ziemlich schnell verschwunden. Es gibt schon fast einen Kampf, wer das letzte Stück kriegt – wer gewonnen hat sage ich hier nicht, ich war es auf jeden Fall nicht 🙂

Wir packen wie jeden Morgen unsere Sachen zusammen, heute zum Glück ohne Moskitos. Aber oje, beim Beladen meines Fahrrades merke ich, schon der zweite platte Reifen auf dieser Tour. Und zum zweiten Mal nicht unterwegs, sondern nach der Nacht. Wieder ist es ein “langsames Leck”. Wahrscheinlich habe ich gestern unterwegs wieder ein Drahtstück eines defekten Reifens eingefahren. Dieses verursachende kleine Teil finde ich nur dank mehrmaligem abtasten und drücken des Reifens. Ohne Druck versteckt es sich im Gummi, bei Druck stösst es seine Spitze raus – fast wie die Krallen einer Katze. Mit der Pincette kann ich den Übeltäter entfernen und das kleine Loch im Schlauch ist schnell geflickt.

Etwas nach 11.30h fahren wir bei heftigem Donnergrollen ab. Im Westen, also dort wo wir hin müssen, ist es dunkelschwarz und es zucken Blitze, einer nach dem anderen. Und wenn ich schreibe heftiges Donnergrollen, dann meine ich es auch so. Hier donnern die Donner nicht so wie bei uns die Dönnerchen. Hier merkt man die Kraft eines Gewitters so richtig im Bauch. Zwischen den senkrecht aufragenden Felswänden hallt es noch viel mehr und es wirkt wirklich ziemlich unheimlich. Schon von weither sehen wir die Regenschwaden, welche aus den schwarzen Wolken runter prasseln. Ein enormes Schauspiel. Wir erreichen noch vor dem Platzregen den Visitor Center, stellen unsere Velos unter das Vordach und gehen rein in die warme – äh sorry, in die runter gekühlte Stube.

Alani und Lorin haben gestern Abend und heute Morgen ihre Aufgaben als Junior Rangers gemacht. Sie mussten verschiedene Fragen aufschreiben, Fragen beantworten und Zeichnungen machen. Mit viel Eifer und Ehrgeiz haben sie das von den Rangern ausgehändigte Heftlein ausgefüllt und nun wollen sie sich zum Junior Ranger weihen lassen. Tatsächlich, nachdem die Rangerin noch diverse Fragen beantwortet und die Aufgaben korrigiert hat geht es los. Die Rangerin hebt ihre rechte Hand, die Kinder stehen vor ihr und machen es ihr nach. Nun der Schwur… Die Kids müssen verschiedene Sachen schwören, wie zum Beispiel, dass sie Sorge zur Natur tragen, keinem Lebewesen Leid zufügen, keinen Abfall in die Natur werfen und andere Leute, welche diese Regeln missachten, darauf hinweisen. In bestem Englisch sprechen sie ihr den Schwur mit gehobener Hand nach. Nun ist es so weit, die beiden sind zum Junior Ranger erkoren worden, kriegen ein Abziehbild und einen “Capitol Reef Batch”. Wow, nun sind sie aber mächtig stolz. Die Rangerin nimmt noch ein Glas hervor, gefüllt mit Alkohol und darin schön eingelegt eine kleine, aber gefährliche Klapperschlange. Nicht einmal diesem gefährlichen Tier darf man etwas antun, sagt sie… Die Kinder staunen nicht schlecht über diese Schlange im Konfiglas – und sie wissen nicht recht, ob diese Schlange noch lebt oder nicht. Sie trauen der Rangerin jedenfalls nicht recht 🙂

Mittlerweile ist auch das Gewitter vorüber gezogen. Leider ist es aber zu spät, um in einer der mehreren Fruchtplantagen, Pfirsiche zu pflücken. Die Siedler, welche hier bis vor ca. 70 Jahren gelebt haben, haben diese Plantagen angebaut und heute gelten sie als Kulturgut des Nationalparks. Man darf gratis Früchte pflücken, wenn man sie auch gleich an Ort und Stelle isst. Aber eben, ein Ranger hat gesagt, am Mittag sei es wahrscheinlich zu spät um noch welche, im freigegebenen Sektor, zu finden… Also fahren wir ohne Pfirsiche im Bauch weiter. Es ist schwül und nicht angenehm zum Fahren. Vor allem steigt die Strasse bis zu 8 % an, und dies unendlich lange. Heute ist ganz und gar nicht mein Tag, ich habe schmerzende Beine und im Kopf stimmt überhaupt nichts. Zudem werde ich von meiner mitfahrenden Prinzessin nicht wirklich unterstützt, was mich nicht gerade fröhlich stimmt.

Bei einem Aussichtspunkt stoppen wir hinter einem grossen Camper mit Berner Wappen. Es gibt hier in den USA einen Vermieter, welcher das Berner Kantonswappen auf seinem Logo hat. Wir wissen nicht genau ob es tatsächlich ein ausgewanderter Berner ist, oder ob es einer von New Bern im Bundesstaat North Carolina (oder war es South Carolina?) ist. Diese Stadt hat nämlich auch den Berner Bären im Wappen… Also, wir stoppen hinter diesem Camper und es stellt sich heraus, dass die Mieter eine Familie aus Zürich sind. Sie sind beeindruckt von unserer Tour, vor allem der Vater (sorry, wir haben nicht einmal nach euren Namen gefragt) ist auch ein angefressener Velofahrer, ein sogenannter Gümmeler (Sybille, da sind nicht wir gemeint, das sind die, welche auf den Rennrädern mit den schmalen Pneus unterwegs sind 🙂 Anyway, er fährt mit seinen Kollegen jedes Jahr eine Tour, z.B. Zürich – Rom, oder quer durch Italien, oder Ende diesen August von Zürich nach Nizza, über all die bekannten und unheimlich schwierigen Pässe der Tour de France. Er wird einfach viel schneller unterwegs sein als wir… Er sieht auch sehr athletisch aus, da hätte ich kaum eine Chance mithalten zu können. Wir werden von ihnen mit Salzstängeli, Fruchtgummi Powernachschub und vor allem reichlich Süssgetränk, schön kalt aus dem Kühlschrank, verpflegt. Die Kinder gehen mit den beiden Töchtern in den Camper, sie wollten schon lange in einen solch grossen Camper einen Blick werfen. Sie kommen auch nicht mehr raus, nach ca. weiteren 20 Minuten schauen wir nach und sie geniessen das Gespräch unter Kindern (sorry, Jugendlichen) und vor allem in Schweizerdeutsch. Ganz herzlichen Dank der Familie und wir hoffen, in unserem Gästebuch noch eure Namen zu erfahren. Weiterhin schöne Ferien und unfallfreie Fahrt!

Für uns geht es auch weiter und ich muss jede Pedalumdrehung mehr kämpfen. Aufwärts mit schmerzenden Beinen, das ist nicht das, was ich mir vorstelle. Ich bin mir nicht sicher, ob es nur in meinem Kopf nicht stimmt, oder ob wirklich mit den Beinen was nicht stimmt. Kurze Etappen sind für mich nie gut, ich stelle mich immer zu fest auf eine lockere Sache ein und heute ist es gar nicht locker! Mit heftigstem Gegenwind fahren wir endlich zu einer Tankstelle, ich meine es ist bereits Torrey, unser Zielort. Aber nein, dort vorne wartet immer noch ein heftiger Anstieg auf uns. Ich falle fast vom Velo, kann mich kaum auf den Beinen halten und will am liebsten genau hier einfach auf den Boden liegen. Da stehen aber zwei Südkoreaner, mit offenem Mund und als ich ihnen sage wo wir unser Endziel sehen, da kippt er fast noch vor mir um. Er will unbedingt ein Foto mit uns, gibt mir seine Visitenkarte und hofft, dass wir ihn in Südkorea besuchen werden.

Vor uns kracht und schüttet es wieder, Windböen fegen um die Tankstelle und wir essen vorerst einmal den herrlichen (ziemlich teuren) Früchtekuchen aus dem Nationalpark. Und weiter geht’s, ohne das Kommando von Ariane würde ich wohl immer noch im Stuhl neben der Tanksäule sitzen. Aber es braucht immer einen Kapitän, und das macht sie heute souverän! Ich kämpfe mich den nächsten Hügel hoch, auch der ist doppelt so lang wie wir ihn zuerst sehen… Endlich kommen wir in Torrey an – heute haben wir die zweit tiefste Durchschnittsgeschwindigkeit der bisherigen Tour – und wir biegen ein in den schönen Campingplatz. Immer noch das Donnergrollen in den Ohren, die Windböen in den Haaren und die harte Etappe im Kopf, entscheiden wir uns für ein schönes Cabin. Kommt dazu, dass wir heute ja auch noch den 1. August feiern können… Die Kinder sind aus dem Häuschen vor Freude und sofort auch im Häuschen. “Sogar einen Fernseher” tönt es von drinnen, Mikrowelle und Kühlschrank kommt auch noch dazu – purer Luxus!

Die Dusche tut besonders gut, ich will die Schmerzen in den Beinen abwaschen – und natürlich auch der Schmutz und Schweiss der letzten beiden Tage! Neben dem Cabin gibt es ein Basketballfeld, Lorin und ich spielen ein bisschen und der Wind nimmt wieder zu. Schon wieder eine schwarze Wolkenwand und tiefes, unheimliches Grollen kommt auf uns zu. Es scheint, als wolle uns das Gewitter nun doch noch so richtig einlullen. Wir müssen noch einkaufen und so steigen wir, in der Hoffnung wir werden nicht nass, auf die Fahrräder. Das Dorf ist ca. 1 Meile weiter. Nun zucken die hellen Blitze in den nahen Bergen und wir sehen wie sich dort eine schwarze Wolke entlädt. Dort gehen nun ein paar Kubik Wasser runter – immer wieder imposant zuzuschauen, so lange es einem selbst nicht trifft. Zum 1. August gönnen wir uns ein Essen im Restaurant, mehr Auswahl als Hamburger, Sandwiches und Pizza gibt es auch hier nicht. Aber die Salatbar ist reichlich gefüllt, bis die vier Radler kommen. Die Kinder verzehren einmal mehr einen riesigen und leckeren Hamburger, Ariane und ich teilen uns eine “Mords-Pizza”! Übrigens, das Gewitter zieht auch diesmal knapp neben uns vorbei. Welch Glück wir einmal mehr haben!

Zurück im Cabin wird geschrieben und ein kühles Bierchen, welches ich mir in den Kühlschrank gestellt habe, getrunken. Wir haben uns entschieden, hier wieder einen Ruhetag einzulegen, auch wenn’s hier nicht viel zu sehen gibt, es gefällt uns im Cabin und auf dem sympatischen Campingplatz! Und die Beine können eine Pause gebrauchen, die nächste Etappe führt wieder einmal über einen 3’000er…

Uns geht es gut, den Beinen immer besser!

…ich habe nun bei den beiden vorherigen Berichten die Fotos rein gestellt. Viel Spass – die Fotos für diesen Bericht kommen später

…hier sind sie!